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Rezension:Frauen mit Stil - Modeträume aus drei Jahrhunderten (Gebundene Ausgabe)

Prof. Dr. Gertrud Lehnert thematisiert in ihrem Buch Modeträume von Frauen aus drei Jahrhunderten. Es geht um das Phänomen des Stils. Dabei erklärt sie zunächst, was man unter Zeitstilen zu verstehen hat, bevor sie erläutert, was eine Frau mit Stil im Kern ausmacht. So viel nur: Eine solche Frau ist in der Lage aus einer Fülle von Angeboten Kleidungsstücke und Accessoires auszuwählen und auch zu kombinieren, so dass auf diese Weise aus den Vorgaben der Designer ihr ganz persönlicher Stil zu werden vermag.

Stil in diesem Sinne ist nach Auffassung der Autorin nicht zwingend abhängig von den finanziellen Möglichkeiten. Wichtig ist im Grunde nur, dass man einen sicheren Geschmack hat. Dieser muss noch nicht einmal gefällig sein.


Im vorliegenden Buch lernt man eine Vielzahl von Gemälden kennen, die Frauen in modischer Kleidung zeigen. Der Reigen beginnt mit Francois Bouchers "Madame de Pompadour", 1758 und endet mit einem Bild von René Gruau "Entwurf für Christian Dior" von 1948. Vorgestellt werden die modischen Frauen in realen wie imaginären Räumen und zwar ernsthaft, bewundernd, ironisch oder gefährlich, so die zutreffende Charakterisierung Prof. Dr. Lehnerts.

Zunächst wird die Frau und ihr Spiegel in Augenschein genommen. Mode benötigt den Spiegel. Modisch sein heißt stets auch sich zur Erscheinung zu bringen, für die eigenen Augen und für die anderen. Da man dies lernen muss, benötigt man den Spiegel, weil dieser Kontrolle möglich macht. Die Autorin macht klar, dass dann, wenn wir uns spiegeln, wir im eigenen Bild das Bild des anderen sehen, das wir verinnerlicht haben. Zudem sehen wir uns mit den Augen der anderen, die uns stets spiegeln, (vgl.: S.15).

Anhand von einigen der gezeigten Gemälde stellt die Autorin Betrachtungen an, in denen der Spiegel eine Rolle spielt. Hier auch erfährt man, dass der Spiegel Raum schafft und Tiefe erzeugt, die an sich nicht vorhanden sei. Sofern man sich von mehreren Spiegeln spiegeln lässt, entsteht ein illusionärer Raum der Verwirrung. Der Spiegel könne einer Frau, die schaut, sowohl Wirkliches als auch Imaginäres zeigen und ihr dabei helfen, eine Vorstellung, ein Bild zu verwirklichen, das es bislang noch nicht gab, aber möglicherweise geben wird, (vgl.: S. 16).

Im zweiten der insgesamt vier Kapitel lernt man auf den gezeigten bildlichen Darstellungen Frauen beim Schaufensterbummel kennen. Hier geht es um die Suche nach dem schönsten Kleid in unterschiedlichen Zeiten. Seit dem 18. Jahrhundert dienten Schaufenster als Auslagen der damals zumeist kleinen Geschäfte. Man liest hier über die weitere Entwicklung hin zu den großen Warenhäusern des 19. Jahrhunderts, die zur Eventkultur führte. Shoppen als zentrale Freizeitbeschäftigung vieler Menschen, das immer raffinierter gestaltet wird, (vgl.: S. 42).

Gemälde wie "Im Pariser Warenhaus- Bon Marche", 1890 von Félix Valloton, auch "The Shop Girl", 1883-85 von James Tissot und "Modegeschäft", 1913 von August Macke illustrieren den Text vortrefflich.

Man liest des Weiteren von den ersten Modeschöpfern und lernt auf einem Gemälde von Éduard Vuillard die Unternehmerin Jeanne Lanvin kennen, die als Modistin begonnen hat und 1925 in ihrer Firma 800 Mitarbeiter beschäftigte.

Jeanne Paquin war eine der ersten großen weiblichen Modeschöpferinnen. Der Maler Isaac Israel zeigt auf einem seiner Bilder ihr Nähatelier.

In den dann folgenden Betrachtungen und Bildern werden müßige Momente thematisiert und die unterschiedliche Kleidung, die zu verschiedenen Anlässen getragen wurde, sei es im 18., 19. oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Hier auch wird sich der Frauen und ihrer "sportlichen" Kleidung erinnert, in jenen Tagen als sie das Autor für sich eroberten oder es wird auch der Wintersportkleidung für Damen gezeigt, beispielsweise auf dem Gemälde "Praktische Wintersportkleidung", 1925 von Lieselotte Friedländer.

Im vierten Kapitel schließlich werden die großen Auftritte thematisiert, die formellere, reich geschmückte Kleidung, die ein entsprechendes Auftreten von Frauen notwendig machte. Die vorgestellten Gemälde des 18., 19., und frühen 20. Jahrhunderts zeigen, worum es hier geht. Die Frauen sehen alle "wie aus dem Ei gepellt" aus, vielleicht deshalb, weil ihr Leben so ereignislos war, dass sie die Mode benötigt haben, um sich zu beschäftigen. Diese Ansicht vertrat der Soziologe Georg Simmel und hat damit vielleicht nicht so Unrecht.


Ein sehr gutes Buch, mit vielen beeindruckenden Gemäldeablichtungen. Die Gemäldebeschreibungen haben mich sehr beeindruckt.

Empfehlenswert.


Bei den Bildern aus „Frauen mit Stil“ lautet der Bildnachweis:

S. 93: Joaquín Sorolla y Bastida (1863–1923), Paseo a orillas del mar (Spaziergang am Strand), 1909, Madrid, Museo Sorolla (Bildnachweis: Elisabeth Sandmann Verlag / akg-images/Erich Lessing)

S. 128: Giovanni Boldini (1842–1931), Bildnis einer jungen Dame in rosa Kleid im Atelier, 1912, London, Sammlung Lady Jane Abdy (Bildnachweis: Elisabeth Sandmann Verlag / akg-images/Archives CDA/Guillot)

S. 29: Leo Putz (1869–1940), Dame in Blau, 1908, Meran, Sammlung Siegfried Unterberger (Bildnachweis: Elisabeth Sandmann Verlag / akg-images)

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